Am Höhepunkt der Corona-Krise fragte sich so mancher Bürger, wer in unserer Republik eigentlich Entscheidungen trifft: Die Virologen oder die Regierenden der Länder und des Bundes? Die Antwort auf die Frage ist vermeintlich klar. Die Virologen sind die Experten, welche die Sachlage analysieren, bewerten und schließlich Handlungsempfehlungen abgeben. Die Regierung hingegen hat das Mandat, diese Handlungsempfehlungen unter anderen Gesichtspunkten, zum Beispiel sozialen und wirtschaftlichen, abzuwägen, und darauf basierend Entscheidungen zu treffen. Phasenweise jedoch hatte man in den letzten Monaten den Eindruck, dass nicht Politiker, sondern indirekt omnipräsente Virologen über den Lock-Down und damit einhergehende Maßnahmen entschieden haben. Ähnlich verhält es sich in zahlreichen Unternehmen: Berater analysieren als beauftragte Experten Prozesse, Strukturen, etc., bewerten Potentiale und leiten Handlungsempfehlungen ab. Wenn sie es richtig machen, binden sie von Beginn an die Betroffenen mit ein. Doch wer trifft in zunehmendem Maße, auch nach guter Vorarbeit, keine Entscheidung? Das Management. Die Ursachen mögen vielschichtig sein. Mangelt es einerseits am Verständnis über Entscheidungsprozesse, fehlen in anderen Situationen Erfahrung und Mut, die mit der Entscheidung einhergehende Verantwortung zu tragen. Dabei ist das Entscheiden eine elementare Aufgabe von Unternehmensführung. Nur bitte in agileren Strukturen nicht weiter auf der Arbeits‑, sondern der eigentlichen Führungsebene.
Juli 2020